Einblicke

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00:00:00: Willkommen bei diesem Talk des Software-Teams  der CSS in Wien, der sich um das Thema Führung  

00:00:08: beziehungsweise Veränderung in der Führung  oder Führungsteam dreht. Das Gespräch werde  

00:00:14: ich heute mit einem unserer Gründer,  der gleichzeitig Geschäftsführer ist, Sven Schweiger, führen. Hallo Sven!  

00:00:20: Servus Isa!

00:00:22: Schön, dass du dir heute die Zeit für dieses Gespräch genommen hast!

00:00:25: Ich weiß, dass du nicht allzu viel Zeit  gerade hast, denn neben deiner sonstigen Aufgaben  

00:00:32: kümmerst du dich gerade auch um den Umbau unserer  Büros –

00:00:35: wie man hier rundherum sehen kann.

00:00:37: Also, es sieht nicht nur aus wie eine Baustelle,  es ist eine Baustelle, in der wir sitzen.

00:00:42: Das ist eine dieser Veränderungen, durch die wir als Team  durchgehen und das bringt mich jetzt auch schon  

00:00:49: zum Thema von unserem Gespräch heute. Als ich  vor neun Jahren in der CSS angefangen habe, da ist  

00:00:55: mir eines sofort aufgefallen, nämlich dass neben  den Gründern, die zum Teil auch Geschäftsführer sind bei uns,

00:01:02: dass auch andere, jüngere Kollegen  schon Managementkompetenzen und -positionen übernommen hatten.  

00:01:07: Das fiel mir gleich auf, weil es war in anderen Unternehmen, in denen ich schon gearbeitet habe

00:01:12: ein bisschen anders. Also, ich kenne KMUs in  denen der Gründer das Heft definitiv nie aus der  

00:01:18: Hand gibt und alle Entscheidungen selber trifft,  nicht immer zum Besten des Unternehmens. 

00:01:24: Wie hat sich das bei uns so anders entwickelt, Sven?

00:01:27: Also, als wir vor mittlerweile 25 Jahren angefangen haben,   

00:01:31: da waren wir ein ganz ein kleines Team. Wir waren kein Start-up in dem Sinne wo du gleich 50 Leute auf einmal  

00:01:36: aufnimmst, sondern wir haben zu fünft angefangen  und nach dieser ersten Phase, die relativ lange  

00:01:42: gedauert hat, sind wir sehr langsam gewachsen, dass heißt  da hat eigentlich jeder alles gemacht. Deswegen war  

00:01:49: da jetzt nicht wirklich eine Hierarchie und irgendwas da und Führung war nicht wirklich ein Thema.  

00:01:54: Und erst nach einiger Zeit ist es dann dazu gekommen, dass  wir unser Team – so ab 15 bis 20 Leute eben – diese  

00:01:59: Schwelle überschritten haben und dann hat sich  schon gezeigt, wir brauchen Rollen, wir brauchen  

00:02:03: Zuständigkeiten, wir brauchen Verantwortungen. Die haben  wir aber nie irgendwie am Reißbrett designt, sondern die  

00:02:08: haben sich halt aus der Praxis ergeben und was sich  bewährt hat, hat überlebt und was sich nicht  

00:02:12: bewährt hat, ist verschwunden von den Prozessen. Und  irgendwann dann ab 20 bis 40 – das ist jetzt unsere  

00:02:18: jetzige Größe – hat sich eben gezeigt, dass man das  nicht einfach mehr so lassen kann. Das passiert  

00:02:24: einfach nicht von selber, das ist auch nicht gut, sondern  es gibt gewisse Dinge, die kann man beobachten und  

00:02:28: wenn sie sich entwickeln, sind sie gut, aber  dann muss man sie irgendwie formalisieren  

00:02:32: und dann muss sie verteilen. Und genau das ist  auch mit mit Führung passiert. Nicht nur mit den  

00:02:36: Arbeitsprozessen. Und Führung verstehen wir ja  eher anti-hierarchisch bei uns. Wir arbeiten  

00:02:42: sehr gerne im Team, das betrifft alle von uns. Es  gibt also diese One Woman oder One Man Show nicht

00:02:47: wirklich, in keiner der Rollen auch nicht in der  Geschäftsleitung.

00:02:51: Jetzt mal Hand aufs Herz, Sven  

00:02:53: wie leicht ist es wirklich, Dinge abzugeben in  der Firma. Also, eine Firma, die man selbst gegründet  

00:02:58: hat, die man als Baby sozusagen sieht. Wie ist das  für dich jetzt wirklich?

00:03:05: Es war für mich nicht  

00:03:09: wirklich so schwer immer, grundsätzlich. Was ich  allerdings schon gemerkt habe ist, es hilft sehr, wenn  

00:03:16: man sich bevor man irgendwelche Verantwortungen  abgibt oder bevor man sagt, den Bereich brauche  

00:03:20: ich jetzt eigentlich nicht mehr, den könnte jetzt wer  andere machen, dass man sich vorher überlegt, wie  

00:03:25: stark hängt man selber dran. Also nicht einfach  nur passieren lassen, dass etwas abgegeben wird  

00:03:30: sondern sich dezidiert überlegen, was ist meines, was mag ich nicht hergeben, was will ich noch  

00:03:35: lange machen? Was ist nicht so meines, weil ich  es vielleicht nicht gut kann, weil es andere gibt, die  

00:03:41: es besser können? Weil es zu viel ist, weil es  schöner wäre, es zu verteilen auf verschiedene  

00:03:46: Menschen aus verschiedenen Gründen? Das heißt  also dieses Abgeben, sich selber bewusst machen  

00:03:51: was man abgibt, das ist extrem wichtig vorher und  wenn man das getan hat und allen anderen auf der  

00:03:56: anderen Seite wieder klar ist, was kann ich mir  nehmen und was kann ich mir nicht nehmen, weil  

00:04:00: das wird nicht hergegeben, das steht gar  nicht zur Verfügung, dann ist viel klarer

00:04:04: Wie ist es eigentlich – also ich kenne  natürlich unser Geschäftsführer gut – ihr  

00:04:11: sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Ich  habe das Gefühl, das ist ja eigentlich auch  

00:04:15: sehr positiv, dass sich da unterschiedliche Persönlichkeiten austauschen können?

00:04:20: Das ist sehr positiv und wir spielen immer so in den Zweier-Gespannen eigentlich Sparringpartner. Man muss  

00:04:26: dazu sagen, es sind nicht alle für alle Rollen  gleichzeitig verantwortlich. Das ist schon so, es  

00:04:32: gibt Kollegen, die eher intern tätig sind, es gibt die  Kollegen, die eher auf der Bühne stehen, wenn  

00:04:38: mal das Unternehmem zu repräsentieren ist.  Und das ist nicht bei allen vier gleich, das ist  

00:04:42: schon so. Also, die Rollen sind intern schon unterschiedlich verteilt.

00:04:47: Du hast also jetzt, wie man sieht, eine noch sehr aktive Rolle im Unternehmen. Kannst du dir wirklich für dich selber vorstellen  

00:04:54: mal komplett zurückzutreten?

00:04:56: Ja, kann ich. Bei mir ist es allerdings so, ich bin ja zusätzlich  

00:05:00: auch noch Gesellschafter und damit ein Eigentümer. Das heißt, es fällt mir leicht als Eigentümer in die  

00:05:07: Eigentümerrolle immer mehr zu gehen irgendwann  mal, da bin ich dann sicher und dann gleichzeitig  

00:05:13: einfach Geschäftsleitungsaufgaben zum Beispiel  abzugeben. Das würde mir leicht fallen. Ganz raus aus  

00:05:18: dem Ganzen, nein, das ist dann eher ein Fall für,  weiß nicht, Pension – das ist mir noch zu weit weg, glaube ich.  

00:05:25: Das dauert hoffentlich noch ein bisschen. Jetzt so zurückgeblickt, was sind so die Dinge, die du gelernt hast  

00:05:33: jetzt zum Thema Führung im speziellen oder auch  Veränderungen in Führung – für dich selber oder  

00:05:38: vielleicht auch für das gesamte Team gesehen? 

00:05:40: Also, ein richtig großes Learning ist – da sind  

00:05:44: aber auch mein Kollege Johannes Widmann  und ich und generell alle, glaube ich, die bei  

00:05:48: uns Führungsaufgaben haben, eingefahren damit –  ist zu glauben, dass wenn man sagt, man ist   

00:05:54: anti-hierarchisch aufgestellt, man ist sehr kollegial  aufgestellt im Unternehmen und alle wissen, sie  

00:05:59: dürfen überall mitreden, sie dürfen mitmachen, es  ist überhaupt nicht verboten, im Gegenteil ist es  

00:06:04: erwünscht, wenn man mitdenkt und dann zu glauben,  das passiert auch mit Verantwortung übernehmen  

00:06:10: automatisch bei allen. Sprich, dass sich jemand im  Team von uns, wenn er oder sie gerne möchte von  

00:06:17: selber auch eine Führungsaufgabe nimmt einfach, und tut und die anderen sagen: "Hey, cool, eigentlich super, na dann  

00:06:22: gebe ich es ab.". Das passiert bei manchen von selbst – das  ist sehr persönlichkeitsabhängig, die nehmen sich es  

00:06:28: einfach aber es gibt viel mehr im Unternehmen  Leute, die das können und die das könnten, die es  

00:06:34: aber von sich aus nicht tun würden ohne auf der  anderen Seite vorher einen Impuls zu kriegen.   

00:06:39: Und dieser Impuls ist interessanterweise das Anbieten  dieses Abgebens, also man muss aktiv sagen: "Leute, das  

00:06:46: und das an Aufgaben mit Verantwortungsbereichen  und Führung steht zur Verfügung damit jemand  

00:06:53: anderes sagen kann, das interessiert mich und  erst wenn es jemand gibt, der sagt: "Ich biete es an.", und  

00:06:59: jemanden der sagt: "Ich interessiere mich dafür,  ich möchte das probieren.", erst dann nach diesen  

00:07:05: zwei Phasen kommt die dritte Phase "ich kenne  was ich überhaupt übernehme". Das heißt also,  

00:07:10: man muss es kennen lernen einfach als  Führungskraft oder generell, wenn es um Aufgaben  

00:07:14: geht, die man übergeben möchte, einfach jemanden zu  erzählen, was dich erwartet und dann übernimmt die  

00:07:20: andere Person das, das ist komplett schlecht  das funktioniert in der Praxis nicht. Du musst es  

00:07:24: erleben, also, die Person, die sagt: "Ich möchte das  probieren", die muss aus erster Hand das nicht  

00:07:29: erzählt kriegen von irgend jemand anderen, sondern die muss es erleben. Wenn es ein Kundenkontakt ist,  

00:07:33: wo man irgendwelche bestimmten Dinge mit Kunden  nachher tut in komplexen Situationen, dann muss  

00:07:38: man die Person, die sagt "Ich möchte das probieren" muss  die Chance haben das aus erster Hand zu erleben.  

00:07:43: Und erst wenn dieses Anbietenkennen, Anbietenwollen und -kennen zusammenpasst, erst dann kann  

00:07:50: man in die nächste Stufe gehen und kann sagen: "Jetzt  probier ich's", das ist das vom Kennen zum Können.  

00:07:55: Das heißt, man meistert das, man beweist, dass man  es kann, dann kommt es vom Können zum Meistern.  

00:08:00: Irgendwann dann ist diese Abkoppelung von der  Person, von dem Coach, von der vorherigen Person,  

00:08:06: die die Verantwortung hatte der Fall, dann ist es  gemeistert und wenn es gemeistert ist, dann geht  

00:08:11: man dazu über als jemand, der es übernommen hat, dass  man überhaupt selbstständig neue Wege beschreiten  

00:08:16: kann damit und etwas noch eigenständiger und anders  löst als die Person, die das ursprünglich getan hat.   

00:08:21: Das ist übrigens ein Modell, das nennt sich Kontextbrücke. Das ist ein sehr interessantes Modell aus  

00:08:26: der agilen Organisationsentwicklung. Es ist aber nicht so,  dass wir das nachbauen, dieses Modell bei uns.  

00:08:30: Sondern ich habe erstaunlicherweise gesehen mit  meinen Kollegen was nicht funktioniert und dann  

00:08:35: nachher im Buch haben wir gelesen, wie man das  jetzt in der Theorie machen kann und da hatte  

00:08:39: ich den Aha-Effekt: "Mmhh, wir haben immer gewartet, dass  es sich wer nimmt, aber wir haben nicht offiziell  

00:08:45: angeboten, dass es das gibt.". Und dann haben es  sich manche halt genommen und andere, die es könnten, haben es halt

00:08:49: nicht getan. Das ist schade.

00:08:52: Das heißt, anbieten ist das Eine aber ich höre auch heraus, dass man eine gewisse

00:08:56: Geduld auch braucht sozusagen bis jemand dann  überhaupt mal diese Rolle ohne Unterstützung oder  

00:09:03: wirklich selbstständig unternehmen kann.

00:09:05: Ja definitiv, das ist kein Fall von einer Woche, da hast es.  

00:09:09: Das ist ein Fall von erleben, miterleben, sich beweisen,  ausprobieren – und wir sind ja sehr agil unterwegs  

00:09:15: auch bei uns – einfach in verschiedenen Schritten  ein langsames Herantasten. Und ein Herantasten  

00:09:20: heißt aber auch, dass es nicht gleich funktioniert  und das ist nicht etwas was passieren kann, das ist  

00:09:25: etwas, was mit eingeplant ist. Das wird sicher nicht  von Anfang an genau so funktionieren, aber genau  

00:09:30: dieses Herantasten ist ja dann, dass man Fehler macht,  Gott-sei-Dank, halt viele kleine hintereinander 

00:09:35: und dann einfach immer nachjustiert statt ganz lange  was zu probieren und dann darauf zu kommen es ist  

00:09:39: nicht gegangen und lange in eine falsche Richtung  zu laufen.

00:09:41: Gut, du hast das Modell schon erwähnt und  

00:09:45: die Theorie, das ist ja auch sehr passend, weil  du bist ja auch Lektor an Fachhochschulen.  

00:09:49: Also, du beschäftigst dich ja viel damit. Gibt es dann noch  vielleicht andere Tipps oder interessante Dinge,  

00:09:54: die du vielleicht den Zusehern und Zuseherinnen  noch ans Herz legen könntest?

00:09:59: Also, wie gesagt, zuerst einmal, das was ich schon erwähnt habe, dieses sich selber bewusst machen was man abgeben mag.  

00:10:07: Und da geht es jetzt nicht nur Führungskräfte, da  geht es nicht nur um Geschäftsführer-Tätigkeiten, 

00:10:11: da geht es einfach um alles, wo man selbst  mit anderen zusammenarbeiten mag, sich überlegen  

00:10:15: was teilt man auch vorher sich. Und da sollte  man vielleicht auch zwischen zwei Denkweisen  

00:10:19: unterscheiden: Zwischen der Denkweise "Als Sven habe ich  einen bestimmten Wunsch etwas zu tun" und das  

00:10:27: muss aber nicht das Gleiche sein, was ich als Sven in der Rolle in der CSS, das Beste für die CSS tue  

00:10:33: in dieser Rolle. Da muss man unterscheiden, ob das  zusammenpasst. Und sehr gefährlich ist es, wenn man  

00:10:38: zu oft "ich" sagt und meint damit aber "ich als Sven" und  nicht "ich als Rolle" und wenn man das vermischt, dann  

00:10:44: kann es zu Fehleinschätzungen kommen. Man muss man sich immer bewusst sein, was bin  

00:10:49: ich es als die Person und was sollte ich aber  vielleicht in der Rolle als CSS tun.  

00:10:56: Das muss sich durchaus überschneiden, wenn es sich gar  nicht überschneidet, dann haben wir sowieso ein Problem  

00:11:00: aber in den Bereichen, wo es sich überschneidet und  unterscheidet sich selber bewusst sein.   

00:11:07: Ich finde, dass ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch, Sven, und ich bin schon gespannt, was  

00:11:12: die Zukunft für uns in der CSS und auch im Führungsteam der CSS bringen wird. Dankeschön!

Über diesen Podcast

Der Podcast des Software-Teams der CSS in Wien: Hier erfahren Sie Wissenswertes rund um die Softwareentwicklung. Dabei lassen wir uns in die Karten schauen und berichten nicht nur über Technisches sondern auch über Teambuilding und Organisationsentwicklung!

von und mit Software-Team der CSS

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